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Aktueller Wandel im Destinationstourismus

Das Allerwichtigste zuerst: Lasst euch nicht verrückt machen!
Touristiker haben es nicht leicht. Von allen Seiten kommen bahnbrechende Neuerungen, künstliche Intelligenz und Fachleute und Berater machen Prophezeiungen, was in ein paar Jahren überhaupt noch existieren wird. Deswegen mein gut gemeinter Rat: Lasst euch nicht verrückt machen! Nachfolgend beschreibe ich meine ehrliche Meinung, was ich machen würde, wenn ich Tourismusverantwortlicher in einer Destination wäre.

Das Wichtigste ist das Produkt
Ich schlage vor, dass wir alle uns immer mal wieder auf das besinnen, um was es letztendlich geht. Den Gästen eine großartige Zeit bescheren, die sie niemals vergessen und auch weitererzählen werden. User Experience also. Das klingt zwar ziemlich digital, die digitale Seite ist aber nur die halbe Wahrheit. Denn neben allen digitalen Informationskanälen und Urlaubsbegleitern geht es immer noch um das Erlebnis vor Ort, das Essen & Trinken, die Unterkunft, die Anreise, die Ausflüge und Touren, die Kultur und das Wetter. Diese analogen Erlebnisse werden besser gefunden, sind besser planbar und können besser dokumentiert und geteilt werden, wenn es zu ihnen ein digitales Pendant gibt, den digitalen Zwilling.

Herausarbeiten der eigenen Stärken
Lernt, Nein zu sagen. Nicht jede Destination ist in jeder Disziplin super. Und lernt, Klischees zu bedienen. Genau das sind die Dinge, wo die Destination stark ist, und weswegen ein Gast kommt, wenn er denn kommt. Die Einheimischen können vielleicht die immergleichen Klischees oft schon nicht mehr hören, oder schauen neidig auf Leuchttürme, bei denen vermeintlich immer alles besser ist. Das Gras ist auf der anderen Seite des Zauns immer grüner. Die Einwohner sehen ihren eigenen Ort immer zu negativ: „Bei uns ist doch nichts los“. Aber das stimmt nicht! Ich finde, die Digitalisierung hilft dabei, die eigenen Stärken herauszuarbeiten, das sind nicht immer große Dinge, aber Besondere, und darauf muss man sich konzentrieren. Aus diesen Stärken entsteht auch die Marke und damit für den Gast der Grund, warum man gerade dort hinfahren sollte.

Digitalisierung
Alles! Gar alles! Solange man beim Blick aus seinem Fenster noch etwas sieht, was noch nicht in der Datenbank ist, ist man nicht fertig. Solange es im Ort noch etwas gibt, was man nicht mit Kreditkarte bezahlen und online buchen kann, ist man noch nicht fertig. Solange es noch gesperrte Wanderwege gibt, die nicht auf der Online-Karte eingetragen sind, ist man noch nicht fertig. Solange man seine Gäste nicht digital kennt und weiß, was sie machen, ist man noch nicht fertig.

Künstliche Intelligenz
Kein Grund, sich verrückt zu machen. Und auch kein Grund, auf irgendetwas zu warten. Ein gutes Angebot gestalten mit den Leistungsträgern und digitalisieren. Jegliche Form der Nutzerkommunikation benötigt perfekte Daten. Ganz gleich ob das herkömmliche Webseiten und Apps sind, Suchmaschinen, conversational Interfaces (Chatbots & Co.) oder das Metaverse. Jemand muss die Öffnungszeit des Museums korrekt digital erfassen und aktuell halten. Und alles andere, was man für einen Urlaub oder Tagesausflug braucht. Die Systeme holen sich die Daten aus dem Netz. So wie die Suchmaschinen das schon lange tun. Die Systeme werden auch nach ihrer eigenen Logik werten, was die besten, richtigsten und die aktuellsten Daten sind. Das bedeutet: Daten erzeugen. Gute Daten, alle Daten, und diese aktuell halten.

Open Data spielt dabei keine Rolle
Suchmaschinen ist es schon immer egal, ob die Daten open sind oder nicht. Genauso ist es mit der künstlichen Intelligenz. Daten werden von vielen Systemen zukünftig auch nicht mehr mit Quellenverweis und Lizenz usw. im Original angezeigt, sondern je nach Anwendungsfall zu einer Antwort verarbeitet. Die Open Data Hubs sind nicht im Grunde verkehrt, sie kommen nur mindestens 10 Jahre zu spät. Die Plattformen und Systeme warten nicht darauf, sondern bauen sich bereits ihre eigene digitale Welt. Was an Information derzeit fehlt, wird dazu erfunden. Das gilt es zu vermeiden, indem die fehlenden Daten möglichst schnell von der offiziellen Quelle zur Verfügung gestellt werden. Bei Outdooractive nennen wir das die „Allianz der Offiziellen“, in der wir die offiziellen Daten von vielen Stakeholdern vereinigen zu einem offiziellen Datensatz – den digitalen Reiseführer der Destination. Reinen Content Datenbanken fehlt der Reiseführer Überbau um einen Gast umfassend zu informieren und die Tools, um den Gast zu begleiten.

European Data Spaces
Die EU geht einen zukunftsträchtigen Weg mit den GAIA-X Data Spaces. Da wird an einem Daten Ökosystem gearbeitet, das eben nicht eine zentrale Datenbank sein soll und auch nicht Open Data erfordert. Es entsteht eine vernetzte Datenlandschaft, in welcher die Daten von vielen Plattformen und Datenbanken zusammenfließen und über standardisierte Datenformate und Schnittstellen ausgetauscht werden können. Für eine Anwendung können dann die Daten sowohl als auch Services aus verschiedenen Systemen kommen. Buchbare Leistungen oder Services mit anderen Businessmodellen können einfach zusammengebaut werden. Lizenzvereinbarungen und Business-Vereinbarungen können dann auf einfache Weise geschlossen werden (Smart Contracts) mitsamt der Nutzung der APIs. Wir bei Outdooractive bauen seit mittlerweile 20 Jahren an genau so einem System, bei dem die Daten verschiedener Quellen zusammenfließen und mit Standards für Rechte, Technologie und Businessmodelle organisiert werden. Deswegen wurden wir von der EU ausgewählt, die Strukturen für den Europäischen Tourismus Dataspace mit zu erarbeiten. Die Tourism Technology Alliance (TTA) ist bereits eine erste sichtbare Erscheinung davon, wie die Daten in Zukunft fließen werden. Weitere Partner schließen sich gerade bei der TTA an. KI wird diese Modelle nicht ersetzen, denn es braucht weiterhin das Produkt und die Möglichkeit es zu buchen und zu genießen.

Nachhaltigkeit
Es gab eine Zeit, in der konnte ich das Wort schon nicht mehr hören, wird es doch inflationär gebraucht und oft für Werbezwecke missbraucht und meistens hat es auch kaum substanziellen Inhalt. Aber genau genommen sind die Vision, Mission, die Werte, Produkte und Services von Outdooractive ausnahmslos auf Nachhaltigkeit ausgerichtet. Nicht nur ich selbst bin tief verwurzelt in einer alpinen Kulturlandschaft, in der man traditionell nichts tut, was die Existenz der Nachfahren schädigt, sondern auch das gesamte Team und das Unternehmen Outdooractive kümmert sich leidenschaftlich um Nachhaltigkeit. Deswegen ist Outdooractive auch anders. Die Plattform ist nachhaltig gebaut, um langfristig den Destinationen und Leistungsträgern ihre Kommunikationshoheit wieder zurückzugeben und um mit der Allianz der Offiziellen das offizielle – und damit letztlich auch nachhaltige – Angebot in den Destinationen zu digitalisieren.

Verkehr
In vielen Forschungsprojekten kümmern wir uns seit Jahren darum, den Verkehr in Destinationen nachhaltiger zu gestalten. Da geht es um die Auszeichnung von ÖV freundlichen Touren, um flexible Erlebnisbusse, und um umweltfreundliche Anreise. Wir integrieren die Öffentlichen Verkehrsmittel nahtlos in die Anwendungen der Plattform, um für die Anreise und den Verkehr vor Ort im richtigen Kontext Öffentliche Verkehrsmittel anzubieten.

Zertifizierungen
Um den Gästen, denen Nachhaltigkeit eine bewusste Entscheidung zu ermöglichen kümmern wir uns derzeit darum, dass die mehr als 200 verschiedenen Gütesiegel mit Daten unterfüttert werden. Ich leite unter dem Dach der obersten Institution für Nachhaltigkeits-Zertifizierungen der GSTC eine Working Group für die Definition eines einheitlichen Datenstandards für Businesses, Tour Operator und Destinationen, jetzt gerade auf der GSTC Conference 2023 in Antalya. Das Ziel ist es, einheitliche Indikatoren anzeigen und filtern zu können für verschiedene Aktionen für die Nachhaltigkeit, wie z.B.: Energieverbrauch, regenerative Energie, Wasserverbrauch, Abfall, Schadstoffausstoß, lokale Produkte und faire Beschäftigung.