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Ein voller Erfolg: Outdooractive Round Table “Open Data im Tourismus” beim Tourismuscamp 2018

Das Thema Open Data im Tourismus wird als essentiell für die Zukunft der Branche gesehen, allerdings befindet sich die Entwicklung hier noch in den Anfängen. Vor diesem Hintergrund fand am 26.01.2018, im Vorfeld des 11. Tourismuscamps, ein Round Table zum Thema Open Data im Tourismus statt, der von Tourismuszukunft gemeinsam mit Outdooractive initiiert wurde. Neben dem Ziel mehr Transparenz über bereits vorhandene Branchen-Projekte zu schaffen, stand die aktive Förderung zur Zusammenarbeit und des integrativen „Miteinanders” im Fokus.

Der offene Austausch war mit etwa 50 interessierten Teilnehmern sehr gut besucht. Zum ersten Mal fand dieses Format im Rahmen des Tourismuscamp statt. Das Team von Tourismuszukunft hatte die Idee der Integration eines Round Tables, um das Thema Open Data in offener Runde zu diskutieren. Gemeinsam mit Outdooractive wurde dieses Konzept dann ausgearbeitet und umgesetzt. Einige Teilnehmer folgten dem Aufruf eigene Aktivitäten und Projekte, in Themengebieten rund um offene und strukturierte Daten, digitale Datenerfassung, deren Pflege und Distribution, in Form von Pecha Kucha Präsentationen vorzustellen. Bei diesem Format werden in maximal 6 Minuten und 40 Sekunden Präsentationszeit, 20 Folien mit 20 Sekunden pro Folie vorgestellt. Obwohl die Präsentationsform die Vortragenden vor Herausforderungen stellte, wurden die verschiedenen Beiträge innerhalb kürzester Zeit, verständlich auf den Punkt gebracht.

 

Die Vorträge, kurz zusammengefasst:

Florian Bauhuber, Geschäftsführer des Gastgebers Tourismuszukunft, eröffnete die Vorrunde mit seinem Impulsreferat. Er zeigt klar auf, dass neue Entwicklungen im Bereich von künstlicher Intelligenz (z.B. Chatbots oder Sprachassistenten) ein allgemeines Umdenken erfordern. Seiner Einschätzung nach verliert die klassische Destinations-Webseite, als Informationskanal für touristische Inhalte, entscheidend an Bedeutung. Immer mehr Gäste werden sich zukünftig über intelligente Systeme informieren. Um für die Vielzahl an Touchpoints und Kanälen eine gute Datengrundlage bereitstellen zu können, ist zukünftig ein zentrales digitales Datenmanagement für offene Daten notwendig. Anstelle von Webseiten gewinnen hier vernetzte Datendrehscheiben an Bedeutung. Wie erfolgreich eine Destination bei der Distribution von Themen und Informationen agiert, lässt sich daher zukünftig über klassische Key Performance Indikatoren (KPI), wie die Zugriffe auf die eigenen DMO-Webseite, kaum noch messen. Mit Verweis auf ein Projekt der Salzburger Land Tourismus Gesellschaft (SLTG), bei dem bereits touristische Informationen als Linked Open Data (LOD) bereitgestellt werden, und dem erklärten Ziel anderer Regionen, ebenfalls Knowledge Graphen im Tourismus aufzubauen, unterstreicht Florian Bauhuber die Bedeutung einer koordinierten Zusammenarbeit in diesem Bereich.

 

Martin Soutschek von Outdooractive berichtete in seinem Vortrag über die Ergebnisse des ersten Think Tank zum Thema Open Data im Tourismus, welcher von der Hochschule Kempten ausgerichtet wurde. Die von Prof. Guido Sommer initiierte Veranstaltung, fand am 26. September 2017 im Vorfeld der Outdooractive Conference statt. Eine zentrale Erkenntnis des Think Tanks bestätigte sich auch beim Round Table in Berchtesgaden: Die Herausforderungen bei der Nutzung der Potenziale von Open Data im Tourismus, sind oft weniger technischer als vielmehr organisatorischer Art. Die Entwicklung einer offenen digitalen Daten-Infrastruktur erfordert daher zunächst digitale Führungskompetenz. Um die Herausforderungen anzugehen, soll ab März 2018, mit Unterstützung des Wirtschaftsministeriums in Bayern, ein Pilotprojekt gestartet werden, dass sich im Kontext der Bayern Cloud vor allem mit der Nutzung und dem Potenzial von Open Data im Tourismus auseinandersetzen wird. Alle von den Experten erarbeiteten Ergebnisse des Think Tanks, werden demnächst in Form eines White Papers veröffentlicht.

 

Als nächstes stellte Athina Fortunati, Studentin der Hochschule Kempten, ihre Masterarbeit vor. In dieser setzt sie sich mit der Analyse von Open Data im Bereich von Veranstaltungen in der Region Allgäu auseinander. Es wird unter anderem untersucht, von welchen Quellen bereits Veranstaltungen veröffentlicht werden, in welchem inhaltlichen Umfang diese bereitgestellt und verbreitet werden, und welche Geschäftsmodelle dabei eine Rolle spielen. Auf Grundlage dieser Informationen wird anschließend ein Konzept entwickelt, mit welchem durch Open Data Synergien im Bereich von Veranstaltungsinformationen besser genutzt werden können und sich eine doppelte Datenpflege vermeiden lässt.

 

Eine Destination, die den von Florian Bauhuber geforderten Umdenkprozess bereits hinter sich hat und sich nun mit der Umsetzung der sich daraus ergebenden Konsequenzen beschäftigt, ist Südtirol. Stellvertretend für IDM Südtirol stellte Patrick Ohnewein das innovative Projekt Geobank aus Südtirol vor. “Open by Default” lautet dort die auf den Punkt gebrachte Daten-Strategie, um Südtirol auch in der Zukunft als führenden Wohn- und Wirtschaftsstandort, mit einem werteorientierten Schwerpunkt für nachhaltige Lebensqualität, zu entwickeln. Die Bereitstellung einer offenen Daten-Infrastruktur, soll in Zukunft die Basis für einen dynamischen Datenfluss sein, von dem Behörden, Hochschulen und Unternehmen profitieren. Dafür werden digitale Informationen aus verschiedenen Bereichen wie Verkehr, Einzelhandel, Geodaten oder Tourismus durch die Anbindung von Schnittstellen zunächst gesammelt und dann über eine öffentlich kontrollierte Organisation zentral bereitgestellt. Offene Daten werden in Südtirol auch als entscheidende Grundlage für Innovationen durch Start-ups gesehen.

 

In Vertretung des verhinderten Detlev Klinge stellte Florian Bauhuber die Tourismusstrategie 2025 des Landes Thüringen vor, in welcher der Aufbau einer offenen Dateninfrastruktur fest verankert ist. Mit der Strategie soll das Ziel der obersten Stufe, des von Tim Berners-Lees vorgeschlagenen 5-Sterne Konzepts, erreicht werden. Dazu soll für Thüringen ein Knowledge Graph als Linked Open Data (LOD) auf Basis semantischer Web Standards entwickelt und bereitgestellt werden.

 

Markus Hallermann von Komoot positionierte sich in seinem Vortrag für den Einsatz und die Optimierung von Open Street Map. Die Qualität des Projekts kann, nach seiner Einschätzung, inzwischen in vielen Regionen der Welt bessere Daten für den Tourismus bereitstellen, als die zuständigen amtlichen Quellen der Vermessungsverwaltungen. Einen weiteren Vorteil sieht er darin, dass jeder mit seinem Einsatz die Datenbasis verbessern und ergänzen kann und alle Nutzer von Open Street Map Daten, und den darauf basierenden Karten und Anwendungen, profitieren.

 

Als letzter Vortragender präsentierte Stefan Huber in seinem Kurzvortrag ein Projekt, dass unter dem Namen “Initiative zur touristischen Grundversorgung” eine einfache kostenfreie Nutzung touristischer Daten auf Basis einer Cloud-Lösung seines Unternehmens hubermedia ermöglicht. Auch er gab die klare Einschätzung ab, dass organisatorische und rechtliche Aspekte in der Praxis eine wesentlich größere Herausforderung darstellen werden, als die vorhandenen technischen Schwierigkeiten. Diese sind seiner Meinung nach bereits gelöst, oder können mit entsprechender Expertis gelöst werden. Die Notwendigkeit von offenen und strukturierten Daten wird erst durch greifbare Entwicklungen wie z.B. Amazons Alexa von der Breite der Beteiligten aus Wirtschaft, Politik und Tourismus erkannt. Stefan Huber sieht das als Bestätigung dafür, dass Themen wie Open Data in der Kommunikation schwer zu vermitteln sind, wenn kein klarer und offensichtlicher Nutzen aufgezeigt werden kann.

 

Die Diskussionen und Ergebnisse im Überblick:

Neben Akteuren, die schon Open Data bereitstellen, diese bereits nutzen oder in Projekten einsetzen, hat das für die Branche noch relativ neue Thema bei vielen Teilnehmern großes Interesse hervorgerufen und spannende Diskussionen ausgelöst. Aus unterschiedlichen Perspektiven ertönte der Aufruf zur Notwendigkeit der Zusammenarbeit bei der Erstellung strukturierter Daten und der Entwicklung von gemeinsamen Standards für den Datenaustausch oder den Aufbau interoperabler Knowledge Graphen als Linked Open Data. Nur so können anstelle neuer Insellösungen interoperable und grenzüberschreitende Lösungen entstehen, denn für Gäste gibt es bekanntlich keine Grenzen. Am Beispiel von Wegsperrungen (z.B von Rad- oder Wanderwegen) wurde deutlich, dass auch Unternehmen die sich im täglichen Wettbewerb gegenüberstehen, wie Komoot, hubermedia und Outdooractive, die Notwendigkeit zur Kooperation erkannt haben. Eine Standardisierung erfordert hier eine Zusammenarbeit. Ziel einer gemeinsamen Initiative könnte es sein, Informationen zu Wegsperrungen auf Freizeitwegen, ähnlich wie das auch bei Verkehrsinformationen über den TMC-Standard im Straßenverkehr bereits der Fall ist, dezentral zu sammeln und zentral mit möglichst großer Flächendeckung für alle Beteiligten auf neutralen Open Data Plattformen, bereitzustellen. Aktuelle Informationen zu Wegsperrungen könnten so einfacher in einer Vielzahl von Anwendungen und Kanälen integriert werden. Nutzer würden dann, über ihre gewählten Touchpoints bzw. Kanäle, bereits bei der Informationssuche und Planung einer Tour über mögliche Sperrungen informiert.

 

Bei Fragen zur Datenqualität und der Verantwortung für die Bereitstellung von offenen Daten zeigte sich, dass hier ein weiterer Austausch erforderlich ist, um gemeinsam eine vernetzte digitale Dateninfrastruktur im Tourismus aufzubauen. Vor allem die Frage nach der Lizenz hat entscheidende Auswirkungen: Bei Daten, die unter CC0 Public Domain bereitgestellt werden, ist beispielsweise eine Nennung der Informations-Quelle nicht mehr nötig. Dadurch ist ein einfaches Nachvollziehen darüber, wer die Inhalte letztlich an welcher Stelle und wie häufig nutzt, nicht mehr möglich. Doch gerade diese Informationen sind für Destinationen oft sehr interessant. Schließlich möchten diese ihren Gästen möglichst passende Inhalte zur Verfügung stellen, die sie auch interessieren.

 

Im weiteren Verlauf wurde die Chance diskutiert, durch gemeinsam organisierte Datenpflege zukünftig eine bessere Datenqualität zu erreichen und doppelte Arbeit zu reduzieren. Dies erfordert allerdings großes Vertrauen zwischen den Akteuren und bedeutet gleichzeitig den Verlust von Kontrolle. Auch hier sind es schnell die rechtlichen Fragen, die gestellt werden: Was passiert, wenn die ursprünglich von der Destination als Open Data bereitgestellten Daten von Dritten verändert werden und dadurch jemand zu Schaden kommt? Wer hat hierfür die Verantwortung  zu tragen und wie klärt sich die Haftungsfrage?  Zusätzlich zur besseren Transparenz über Open Data Aktivitäten im Tourismus, wird daher auch die juristische Aufklärung des Themas erforderlich. Nur dann können die Akteure die Potenziale der Entwicklung auch mit der erforderlichen Rechtssicherheit nutzen. Vor diesem Hintergrund bietet es sich an, dieses Thema in zukünftigen Veranstaltungen weiter zu vertiefen, und so die erforderlichen Voraussetzungen für die Entwicklung kontinuierlich voran zu treiben.

 

Bei der Diskussion um Schema.org als Initiative zur einheitlichen Auszeichnung von strukturierten Daten auf Webseiten, gab Florian Bauhuber die Einschätzung ab, dass eine zu starke Fokussierung auf die Optimierung für Schema.org jedoch nur die großen Player wie Google, Facebook, Amazon & Co. stärkt. Echten Wettbewerb sieht er nur durch Open Data. Wenn es der Tourismusbranche gelingt, sich gemeinschaftlich zu organisieren und eine flächendeckende, offene und interoperable Dateninfrastruktur für den Tourismus aufzubauen, könnte das den Wettbewerb und Innovationen fördern, neue Geschäftsmodelle ermöglichen, und die Abhängigkeiten von wenigen großen Konzernen reduzieren. Andere Stimmen vermuten jedoch, dass sich die Abhängigkeiten gerade dadurch nur noch schneller verstärken, da die großen Konzerne vermutlich die ersten wären, die eine zentral bereitgestellte Dateninfrastruktur dankend annehmen und damit Ihren Informationsvorsprung nur noch weiter ausbauen würden. Noch hat sich kein klares Meinungsbild zu dieser Fragestellung etabliert. Als Outdooractive sehen wir hier jedoch in erster Linie Chancen und werden uns trotz der Risiken und Herausforderungen, die das Thema mit sich bringt, auch weiterhin aktiv für eine Zukunft auf Basis von offenen Daten im Tourismus engagieren und so gemeinsam mit anderen Akteuren eine klare Haltung und Verantwortung für die Gestaltung der Zukunft im Tourismus übernehmen.